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Von „Glückauf“ nach „Moin“: Umzug und Sprache

Ich bin umgezogen. Mit Sack und Pack und Homeoffice. Das ist eigentlich nicht so spektakulär (außer wenn ein Umzug so voller Pannen steckt wie unserer). Denn für meine Kund*innen ändert sich nichts, egal ob ich im Harz oder hier im Oldenburger Münsterland für sie schreibe und lektoriere. Der Kontakt läuft ja über E-Mail, Telefon oder Online-Meetings. Aber selbst innerhalb eines Bundeslandes kann ein Umzug auch die Reise in einen anderen regionalen Dialekt bedeuten. Da gibt es viel zu entdecken, was Sprache und Kommunikation angeht! 

Tschüß, Harz. Moin, Oldenburger Münsterland!

Landschaftsbild mit blühender Heide, Feuchtgräsern und jungen Birken
Moorlandschaft im Oldenburger Münsterland

Eigentlich kein großes Ding: Ich habe zuletzt im niedersächsischen Südharz gewohnt und gearbeitet, nun liegt mein Zuhause nebst Homeoffice im Nordwesten Niedersachsens im Oldenburger Münsterland. Weder habe ich die Grenzen Niedersachsens überschritten (wenn man von dem kurzen Stück durch Bremen auf der Fahrt hierher absieht) noch die Bundesrepublik Deutschland verlassen. Trotzdem ist hier nicht nur die Landschaft anders, sondern auch die alltägliche Umgangssprache, die kommunikativen Gepflogenheiten. Für einen Sprach-Fan wie mich ist es sehr spannend, das zu erkunden!

 

Disclaimer: Das sind bloß Beobachtungen einer Zugezogenen, keine linguistischen Untersuchungen ; -)

Wir sind nicht mehr im Harz: „Moin“ statt „Glückauf!“

In einer Felswand, die mit Gräsern und Moosen bewachsen ist, ist ein halbrunder, ummauerter Stolleneingang zu erkennen. Ein mit Metallplatten belegter Weg führt hin.
Eingang zu einem alten Stollen im Harz

Der Harz war über Jahrhunderte vom Bergbau geprägt, und die Spuren davon entdeckt man überall. Sogar in der Sprache! Dem Bergmannsgruß „Glückauf“ begegnet man dort nach wie vor. Als Begrüßung wie „Guten Tag“ oder beim Annehmen eines Telefongesprächs mittlerweile eher selten, aber ich habe es durchaus erlebt. Dafür umso öfter in Ansprachen, Anschreiben oder auch im Begrüßungstext auf der Startseite einer Website.

 

Das „Glückauf“ habe ich beim Verlassen des Harzes vermutlich als erstes hinter mir gelassen. Und bin nun, was die Begrüßung angeht, im echten Norden gelandet! Denn hier ist tatsächlich „Moin“ die Standard-Begrüßung. Zu jeder Tageszeit. Dicht gefolgt von „Hallo“ zumindest hier im Binnenland. Je näher man an die Küste kommt, je weiter nach Ostfriesland hinein, desto mehr wird das weit verbreitete „Hallo“ vom „Moin verdrängt.

 

Bestimmt gibt es noch viele Gelegenheiten, Beobachtungen zum „Moin“ zu machen. Auf jeden Fall gilt auch hier im Binnenland meiner Beobachtung nach der halb-witzige, halb-ernstgemeinte Satz: Es heißt „Moin“„Moin-Moin“ ist schon Gesabbel!

Platt schnacken

Plattdeutsch, die unglaublich liebenswerte Minderheitensprache hier oben im Norden (Ja, es ist eine eigene Sprache!), ist hier auf jeden Fall noch gebräuchlich. So wie ich es auch in Ostfriesland, in Mecklenburg und in meiner alten Heimat Schleswig-Holstein, wenn man sich ein bisschen vom Hamburger Speckgürtel entfernt, beobachtet habe. Ich nehme an, dass es auch hier im Oldenburger Münsterland eher die Älteren sind, die platt sprechen. Mal sehen!

 

In meiner neuen Autowerkstatt jedenfalls schalten der ältere Inhaber und der auch nicht mehr ganz junge KFZ-Meister mühelos zwischen Platt und Hochdeutsch hin und her. Meistens war die Situation so: Der Meister besprach etwas mit uns auf Hochdeutsch, wandte sich dann an den Chef und sagte den ersten Satz zu ihm noch auf Hochdeutsch, bevor er dann wechselte und das Gespräch zwischen den beiden auf Platt weiterging.

Obwohl ich es gewöhnt bin, Plattdeutsch zu hören (wenn auch mein heimatliches Platt das Pinneberger Platt ist), habe ich hier jedes Mal eine Weile gebraucht, um mich ein bisschen „einzuhören“ und dem Gespräch folgen zu können. Denn Plattdeutsch ist überall ein bisschen anders. Ich freue mich schon darauf, es wieder öfter zu hören!

Du, Sie, ihr

Was mich bisher am meisten überrascht hat, ist uns nun schon ein paar Mal passiert: Wenn wir zu zweit unterwegs sind und in einem Gespräch, das ansonsten per Sie läuft, wir beide gemeint sind, sprechen die Leute uns oft mit „ihr“ statt „Sie“ an. Beim Bäcker, in der Werkstatt, auf der Kirmes, sogar in der Arztpraxis ...

 

Am Anfang war das wirklich ungewohnt. Ich habe reflexartig überlegt, ob ich mit meinem Gegenüber per Du oder per Sie bin. Aber es scheint sich tatsächlich einfach danach zu richten, ob eine*r von uns (Sie) oder beide (ihr) gemeint waren. Auf mich wirkte es sympathisch und herzlich - und selbst für eine abwartende Norddeutsche wie mich überhaupt nicht aufdringlich.

 

Das „Sie“ und  das „du“ scheinen hier generell nicht allzu streng getrennt zu sein. Ich werde in „Sie“-Gesprächen immer mal wieder abwechselnd geduzt und gesiezt. Und ich bin nun wirklich nicht mehr in dem Alter, wo man einfach von Älteren geduzt wird ... Es ist hier einfach so, hier im Norden! 

 

Ich werde das weiter beobachten.

Neue Gegend, neue Wörter

Wie das so ist, wenn man in eine neue Gegend zieht, gibt es auch viele neue Wörter zu entdecken. Lauter neue WortSchätze! Aber die will ich hier noch nicht verraten. Wahrscheinlich wird eine neue Facebook-Reihe daraus.

 

Bis dahin sammle ich schon mal ein paar schöne neue Wörter.

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