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Bunte Gesichter ja oder nein? Emojis im geschäftlichen Kontext

Kleine bunte Bildchen haben Einzug in unsere elektronische Kommunikation gehalten. Am Anfang waren es gelbe Kreise mit verschiedenen einfachen Gesichtsausdrücken. Inzwischen gibt es außer einer Fülle von komplexen Gesichtsausdrücken alle möglichen Gegenstände, Tiere, Pflanzen und Aktivitäten, und Emojis aller Art sind aus der elektronischen Kommunikation kaum mehr wegzudenken. Aber wie ist es mit geschäftlicher Kommunikation? Sind sie auch im Business-Kontext angemessen, vielleicht sogar hilfreich, oder ein absolutes No-Go?

Mit diesem Artikel hänge ich mich leicht verspätet an die Blogparade "Emojis im Business-Kontext" von Dr. Annika Lamer dran und hoffe, dass sie mir die Verspätung nachsieht. Das Thema ist einfach zu spannend, um es nicht noch zu bearbeiten! 

Außerdem ist der Artikel Text 2 im Rahmen der Challenge #52in24. 

Lach, grins, würg – wozu Emojis da sind

Ein direktes Gespräch, Auge in Auge mit dem Gesprächspartner, bietet außer den gesprochenen Wörtern noch weitere Kanäle. Ich sehe Ihren Gesichtsausdruck und ob Sie mich ansehen oder weggucken, ich höre Ihre Stimme, bekomme die Pausen, die Sie machen, ungekürzt mit. Meistens merke ich, ob Sie noch etwas sagen wollen oder ob ich mit einer Antwort „dran“ bin. Betonung, Tonfall, Körperhaltung, Gestik und Mimik tragen viel dazu bei, Stimmung, aber auch Sinn des Gesagten zu übermitteln.

 

Schon beim Telefonieren fallen alle visuellen Informationen weg. Ich sehe mein Gegenüber nicht. Theoretisch ist es möglich, dass ihr oder sein Gesicht das Gegenteil von dem ausdrückt, was die Worte mir sagen. Aber immerhin habe ich alle akustischen Informationen zur Verfügung.

Die schriftliche Kommunikation hat ein echtes Problem: Ihr fehlen nicht nur Gestik, Mimik und alle anderen visuellen Informationen, sondern auch alles, was über das Verbale hinaus an akustischen Informationen gesendet werden kann. Ein Stück weit ersetzen Satzzeichen das Fehlende – so kann ich mit einem Gedankenstrich eine Pause signalisieren oder mit einem Fragezeichen statt dem ansteigenden Tonfall eine Frage stellen. Aber ihr Vorrat ist begrenzt, und entsprechend begrenzt sind ihre Ausdrucksmöglichkeiten, was Stimmung, Gefühle und Haltungen angeht.

Hier kommen Emojis ins Spiel, und ihre Vorläufer, die Emoticons, die noch reine Zeichenkombinationen waren. Die kleinen Gesichter ersetzen im Schriftlichen etwas, das im Mündlichen, besonders in der Face-to-Face-Kommunikation, ganz selbstverständlich dazugehört – so selbstverständlich, dass wir kaum darüber nachdenken, dass wir beim Zuhören auch Körperhaltung, Mimik und Gestik decodieren. Emojis geben der Schriftsprache eine Ebene zurück, die durch die Verschriftlichung weggefallen ist. So weit, so sinnvoll!

Emojis: Sparen Zeit und Zeichen

Hinzu kommt ein Aspekt, der im Zeitalter von E-Mail, Chat und Social Media wohl ebenso wichtig ist: Mit Emojis spart man Zeit – und Zeichen! So ein Emoji ist schnell aus der hinterlegten Liste ausgewählt oder mit Sonderzeichen getippt; -). Schneller, als man ein Gefühl geschildert oder „Nur ein Witz“ geschrieben hat! Das ist bei Diensten mit begrenzter Zeichenzahl ein großer Vorteil.

Überhaupt dürften die sozialen Netzwerke viel damit zu tun haben, dass die Emojis aus der elektronischen Kommunikation nicht mehr wegzudenken sind. Gefühlt gibt es keinen Post ohne einen oder mehrere davon. Genau die richtige Anzahl soll sogar positive Auswirkungen auf den Algorithmus haben, der entscheidet, wie viele Nutzer einen Post zu Gesicht bekommen. Aber wie viel ist genau richtig?

Auch auf der Seite des Empfängers spart ein Emoji Zeit. Die Botschaft eines simplen gelben Gesichts mit einem lachenden Mund ist blitzschnell erfasst und intuitiv verstanden. Oder?

Wie eindeutig sind Emojis?

Vor ein paar Wochen bekam ich eine Nachricht, in der mich jemand fragte, was ein bestimmtes Emoji für mich ausdrücke. Denn jemand hatte in einem Chat ein Emoji anscheinend ganz anders interpretiert als die fragende Person, was ein kleines Missverständnis zur Folge hatte. Ich antwortete spontan mit dem ersten Gefühl, das mir zu dem Emoji einfiel. Nach einigem Überlegen kamen mir noch andere Interpretationsmöglichkeiten in den Sinn. Nicht komplett entgegengesetzt natürlich, aber in Nuancen doch ganz anders als meine ursprüngliche Idee. Also schickte ich die noch hinterher und war selbst überrascht, wie viele Möglichkeiten es gab.

Eben weil Emojis Bilder sind, müssen sie immer ein Stück weit interpretiert werden. Und in den meisten Fällen kann man nicht zu 100 Prozent sicher sein, dass der Empfänger sie genau so interpretiert wie man selbst. Das gilt für Emojis ebenso wie für die Zeichenkombinationen. Zum Beispiel befürchte ich manchmal, dass ich die Einzige bin, die das Zeichen ^^ als hochgezogene Augenbrauen benutzt.

Ganz so anders ist das bei echten Gesichtsausdrücken auch gar nicht. Auch sie sind nicht immer eindeutig. Man konzentriert sich stark auf etwas und jemand anders sagt „Guck doch nicht so böse.“ Man erzählt jemandem von einer Idee, derjenige sieht aus, als fände er sie total blöd, sagt aber hinterher „Super, machen wir so.“ Alles nicht so einfach!

Und was die Interpretation angeht, gibt es noch eine Stolperfalle. Mit der Zeit haben sich einige Emojis zu Codes für bestimmte Haltungen, politische Einstellungen oder Ähnliches entwickelt. Hier heißt es aufpassen, um nicht aus Unkenntnis eine Botschaft auszusenden, die gar nicht beabsichtigt ist.

Kein Social-Media-Post ohne Emojis?

Sie sind mittlerweile überall, und wir haben uns daran gewöhnt: kaum ein Social-Media-Post oder Kommentar ohne ein lachendes, weinendes oder zwinkerndes Gesicht. Die oben genannten Vorteile liegen auf der Hand, gleichzeitig lockert es die Posts auf.

Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir uns so sehr an die bunten Bildchen gewöhnt haben, dass wir einen Post ohne sie als distanziert, verkrampft oder uncool empfinden. So ein Zwinkern am Ende eines Kommentars nimmt die Schärfe raus. Es kann auf Sarkasmus, Ironie oder einfach einen Witz hinweisen. Auf jeden Fall wirkt der Post lockerer und humorvoller als ohne.

 

Möglicherweise verlieren wir dadurch ein Stück weit die Fähigkeit, zwischen den Zeilen zu lesen. Oder die Bereitschaft, einen Augenblick über das Gelesene nachzudenken. Ich bin sicher, oft würde man auch ohne unterstützenden Emoji-Gesichtsausdruck verstehen, wie eine Aussage gemeint ist. Wenn man sich den Augenblick nimmt. Gegebenenfalls den Kontext mit bedenkt.

Emojis in der geschäftlichen Kommunikation

Zusammengefasst, sind Emojis

  • eine bildhafte Ebene, die die weggefallenen akustischen und visuellen Kanäle im Schriftlichen ersetzt
  • eine Möglichkeit, Zeit zu sparen
  • eine Möglichkeit, einen Text locker und emotional wirken zu lassen
  • nicht unbedingt eindeutig

Was bedeutet das für die geschäftliche Kommunikation? Sollte ich sie benutzen oder lieber nicht?

Ich glaube, dass sich das nicht so einfach für jedes Business, jeden Anlass und alle Arten von schriftlicher Kommunikation über einen Kamm scheren lässt. Denn es hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab. Nicht zuletzt würde ich sogar zwischen E-Mail-Korrespondenz und Social Media- oder Blogposts noch einmal differenzieren.

Emojis in geschäftlichen E-Mails

Bei E-Mails gehören Überlegungen, die uns vielleicht aus einem anderen Kontext bekannt vorkommen. Ich zähle mal einige auf – ohne Anspruch auf Vollständigkeit!

  • Um was für ein Unternehmen handelt es sich beim Absender? Und beim Empfänger?
  • Wie klingt die „Markenstimme“ des absendenden Unternehmens – eher locker-natürlich, seriös, einfühlsam, emotional, seriös, geschäftlich?
  • Gibt es ein Corporate Wording, vielleicht sogar Regeln über den E-Mail-Verkehr, in denen Emojis berücksichtigt sind?
  • Geht es um eine persönliche Mail an eine*n konkrete*n Ansprechpartner*in oder ist es ein Mailing an einen ganzen Verteiler?
  • Was für eine Art von Inhalt wird übermittelt? 
  • An wen ist die Mail gerichtet und wo steht er oder sie in der Hierarchie des Unternehmens? Auf derselben wie die schreibende Person? Auf einer anderen?
  • Kennen Absender*in und Empfänger*in sich schon? Wie war der bisherige Kontakt? Eher distanziert oder persönlich? Ernsthaft oder humorvoll?

So, wie man all diese Überlegungen unterschwellig und meistens ganz automatisch in die Formulierung einer E-Mail einfließen lässt, sollte man auch über die Verwendung von Emojis entscheiden.

Natürlich kann sich eine Korrespondenz mit der Zeit entwickeln. Nachdem die ersten Kontakte eher freundlich-distanziert waren, ändert sich nach ein paar Telefonaten möglicherweise der Tonfall, und es fühlt sich richtig an, das eine oder andere Emoji einzubauen.

Emojis in Chats und Social-Media-Posts

In Chats und Social-Media-Posts ist es nicht ganz so kompliziert, denn in diesem Kontext sind die bunten Gesichter sehr etabliert. Hinzu kommt: Wenn Sie mit jemandem beruflich chattest, ist die Kommunikation meist eh schon lockerer, informeller als in einer geschäftlichen Mail. Aber auch hier kann ein kurzes Nachdenken über Markenstimme, Zielgruppe und vor allem die Art der verwendeten Emojis nicht schaden!

Drei Tipps

  • Hören Sie auf Ihr Gefühl! So wie Sie ein gutes Gespür dafür haben, wie Sie jemanden ansprechen, wird es Ihnen auch sagen, ob Sie Emojis nutzen können oder lieber nicht. Und wie viele Emojis ok sind.
  • Nutzen Sie nur Emojis, von denen Sie sicher sind, was sie bedeuten.
  • Wenn Sie in irgendeinem Punkt unsicher sind, lassen Sie die Emojis lieber weg. Versuchen Sie dann lieber so zu formulieren, dass Ihre Aussage ohne Bebilderung verständlich, eindeutig und nicht verletzend ist.

Dann kann eigentlich nichts schiefgehen :-)

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