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Mein Ja zur Unsicherheit

Ich habe lange darüber nachgedacht, wozu ich schon so alles Ja gesagt habe – im Hinblick auf meine Selbständigkeit als Texterin und Lektorin, aber auch generell im Leben. Es hat so einige Entscheidungen, einige Jas gegeben. Aber eines fällt ein bisschen heraus! Und genau um dieses Ja geht es in meinem Beitrag zur Blogparade „Wie hast du Ja gesagt – und was ist daraus geworden?“ von Gabi Kremeskötter.

Als ich mich dafür entschied, mich selbständig zu machen, bedeutete das, zu einer ganzen Menge von Dingen Ja zu sagen. Ja zur Selbstbestimmtheit. Ja zur Abwechslung. Ja zum Homeoffice (und damit Nein zum Arbeitsweg!). Ja zum Schreiben, das vor allem. Und sogar noch ganz anders, als ich es mir ursprünglich gedacht hatte, denn außer Kundentexten habe ich sogar ein Buch geschrieben, worüber ich eigentlich immer noch staune

Aber das vielleicht wichtigste Ja, das ich damals gesagt habe, betrifft keinen von den Punkten, von denen man träumt, wenn man darüber nachdenkt, sich selbständig zu machen. Denn es ist nicht unbedingt positiv besetzt wie all die Freiheit und Unabhängigkeit, die man sich wünscht. Aber wer A sagt, muss auch B sagen, und wer Ja zur Selbstständigkeit sagt, sagt zugleich auch Ja zur Unsicherheit.

Zweifel und Fragen

Eine Hand, die nur als Silhouette zu sehen ist, hält eine Glaskugel vor einem Sonnenuntergang am Wasser. Die Kugel zeigt den Sonnenuntergang über Kopf.
Eine Kristallkugel für die Selbständigkeit gibt es nicht ...

Werde ich genügend Kund*innen finden, um über die Runden zu kommen? Werden meine Texte, meine Korrektorate gut genug sein, werden meine Kund*innen zufrieden sein? Wie wird sich der Markt entwickeln? Wird es Ereignisse geben, die unvorhersehbar sind? Wird die Konkurrenz zu groß sein? Natürlich habe ich viel über diese und ähnliche Fragen nachgedacht und versucht, mich darauf vorzubereiten. Beim Erstellen des Businessplans gehören Marktanalyse und ein Blick auf die Konkurrenz ohnehin dazu. Ich war gezwungen, einige Unwägbarkeiten wenigstens ein bisschen vorauszudenken.

Was mir Mut gemacht hat

Es gab einige Faktoren, die mir Sicherheit gaben und mich in meinem Wunsch bestärkt haben, es mit der freiberuflichen Tätigkeit zu probieren. Dazu gehörte meine langjährige Erfahrung mit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, in der ich immer sehr unterschiedliche Texte geschrieben und Korrektur gelesen habe. Dazu gehörte auch das Netzwerk, das in den Jahren meiner Festengagements nach und nach gewachsen war und das durch Social Media inzwischen viel leichter am Leben zu halten ist. Dazu gehörte die freiwillige Arbeitslosenversicherung für den größten Notfall. Und nicht zuletzt gehörte dazu auch ein gewisses finanzielles Poster, das ich über die Jahre angespart hatte. Ohne das alles – wer weiß, ob ich mich getraut hätte, ins kalte Wasser zu springen!

Das ewige Auf und Ab

Trotz aller Stärken, Vorsichtsmaßnahmen und Sicherheitsnetze: Nach fünf Jahren als Texterin und Lektorin kann ich sagen, dass eine gewisses Risiko immer bleibt. Und dass die beste Vorbereitung das nur zum Teil abfedern kann. Denn wer hätte gedacht, dass eine Pandemie dazu führen würde, dass Theater und Veranstaltungen eine Zeitlang nicht stattfinden könnten, was mich tatsächlich einen potenziellen Traumkunden gekostet hat? Dass ich nach Ende meiner Festanstellung erstmal gesundheitlich flach liegen würde? Dass der russische Angriff auf die Ukraine nicht nur alte Ängste aus meiner Jugend im Kalten Krieg wachruft, sondern auch die Wirtschaft beeinträchtigt? Dass ich mitten in den ersten Jahren, wo ich gerade erst dabei war, mich so richtig in der Selbständigkeit einzurichten, mit Sack und Pack und Homeoffice umziehen müsste? Hätte ich den Schritt in die Selbständigkeit überhaupt getan, wenn ich das alles vorher gewusst hätte?

Und all das Auf und Ab im Alltag als Selbständige. Phasen des Wartens, auf die Annahme eines Angebots oder auf Korrekturwünsche von Kund*innen. Phasen, in denen neue Aufträge auf sich warten lassen. Phasen, in denen ich sehr dankbar für das finanzielle Polster war. Phasen, in denen das Leben so zuschlägt, dass man kaum dazu kommt, außer an Aufträgen auch noch am eigenen Marketing und allem, was noch so zur Selbständigkeit gehört, zu arbeiten. Es gibt Zeiten, in denen es gut läuft, und Zeiten, in denen es nicht so gut läuft. Das muss man wissen und bereit sein, damit umzugehen.

Andererseits: Ich wusste auch nicht, dass so viele schöne Aufträge aus meinem Netzwerk kommen würden, die mir den Anfang sehr erleichtert haben. Dass ich so viele tolle Kund*innen dazugewinnen würde. Dass ich ein Buch schreiben und einen Verlagsvertrag bekommen würde. Und so vieles mehr! 

Ich sage Ja zur Unsicherheit!

Mein Ja zur Selbständigkeit war ein Ja zur Unsicherheit. Das ist mir jetzt mehr bewusst als am Anfang. Die Unsicherheit ist manchmal nur ganz leise wie ein fast unmerkliches Hintergrundrauschen, aber sie ist nie ganz weg. Wenn ich viele größere Aufträge habe, gibt es trotzdem ab und zu Momente, in denen ich mich frage, wie lange es so gut laufen wird. Wenn Flaute herrscht, wird die Unsicherheit lauter und verwandelt sich in Sorgen. Mein Optimismus und die gute Vorbereitung helfen mir dabei, die Unsicherheit auszuhalten und sogar ein Stück weit die Spannung, die damit verbunden ist, zu genießen. Langweilig wird es nie!

Und schließlich: Auch in der Festanstellung ist man doch nie ganz sicher – vor Kündigung, Insolvenz des Arbeitgebers, Krankheit und anderen Unwägbarkeiten, die das Leben so mit sich bringt. Denn in die Zukunft schauen kann keine*r von uns. Ich habe zur Unsicherheit Ja gesagt – und zum selbstbestimmten Schreiben als Selbständige. Ich weiß nicht, was kommen wird. Aber ich akzeptiere das für meine Selbständigkeit, so wie wir es für unser Leben akzeptieren müssen. Und ich hoffe, dass es gut weitergeht!

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Kommentare: 1
  • #1

    Gabi Kremeskötter (Sonntag, 22 Juni 2025 15:53)

    Liebe Birgit,
    herzlichen Dank für deinen so ehrlichen und offenen Artikel, dein JA zur Unsicherheit, die jede Selbstständige ganz sicher genau so spiegeln wird, mich eingeschlossen!
    Du schreibst über das, was so viele andere niemals öffentlich äußern würden, dafür zolle ich dir meinen Respekt!
    Von der freiberuflichen Tätigkeit leben müssen, ist eben doch meilenweit entfernt davon, in einem sicheren Angestelltendasein zu existieren.
    Egal, wie gut das Vordenken, das Planen und Werben für ein eigenes Unternehmen, du schreibst es ja selbst: Vorhersehbar ist nicht, wie es ausgeht.
    Daher gratuliere ich dir zu deinem Mut, deinen treuen Kund:innen und wünsche dir für deine Arbeit ganz viel weiteren Erfolg!
    Danke, dass du durch deine Sicht und dein JA meine Blogparade um eine Facette bereichert hast :-)
    Herzliche Grüße
    Gabi